Donnerstag, 23. April 2009

Kuwaits Norden

Gestern Nacht sind wir noch mal losgezogen. Thomas und ich sind mit dem Chevy Caprice V6 durch die leere City gefahren. An der Arabian Gulf Street haben wir das Applebee's angesteuert, weil es im Reiseführer wie folgt beschrieben wird: "Treffpunkt junger, trendiger expatriates". Es war aber hauptsächlich einheimisches Publikum mit ganz üblicher amereikanischer Küche: viel Masse und viel Fett. Wir hatten zusammen eine Starter-Platte und einen Salat, trotzdem war ich kurz vorm Platzen. Danach sind wir ziellos durch die Stadt gedüst, haben hin und wieder am Golf gehalten und versucht, Fotos zu machen. Die Stadt sieht bei Nacht einfach toll aus, die Digicam ist damit leider überfordert.

Heute Vormittag stand Sightseeing auf dem Programm. Ab ins Auto und rein ins Verkehrsgetümmel. Wir sind immer weiter in Richtung Golf gefahren bis wir auf die "A 80" kamen. Von da ging es dann aus der Stadt raus Richtung Norden. Schlagartig waren wir allein auf der großen Straße. Fast eine Stunde lang sind wir ungestört durch die Wüste gebrettert. Zu beiden Seiten der Autobahn sind am Horizont die Ölfelder schemenhaft aufgetaucht. Zu weit weg und zu trübe, um klar zu sehen oder ein Foto zu machen. Dann kamen wir ins Gebiet der Ranches.



Mitten in der Wüste wird auf den Ranches Landwirtschaft betrieben. Der Bewässerungsaufwand muss enorm sein.

Natürlich sehen die Felder nicht aus wie in Europa. Es ist viel karger und dünner, aber immerhin sieht man etwas Grün. Die Straßen hier sind nicht auf unserer Karte eingezeichnet, wir schlängeln uns durch und orientieren uns an der Sonne nach der Himmelsrichtung. Immer weiter nach Norden.

Wir kommen an mehreren kleinen Kamelherden vorbei, die von einsamen Arabern durch die Wüste getrieben werden. Dann hört die Straße einfach auf.



Wir fahren zurück bis zur letzten Gabelung und probieren den anderen Weg. Die Straße wird immer enger, dann endet sie wieder, diesmal an einem Zaun mit Stacheldraht und rotem, arabischen Schild.
Wir wollen nicht aufgeben, wir sind schon so weit. Wir finden einen Schleichweg zurück zur A 80. Es ist nicht der Punkt, an dem wir ursprünglich abgebogen sind, also müssen wir weiter nördlich rausgekommen sein.

Wir finden ein Schild, nur noch 10 km bis Abdaly.

Lastwagen säumen die Straße, links und rechts, voll beladen, dazwischen PKWs. Der Straßenbelag wird schlechter, zeigt tiefe Risse, Spuren von Kettenfahrzeugen. Wir fahren weiter, vorbei an der letzten (oder ersten?) Tankstelle Kuwaits, vorbei an der letzten Bretterhütte mit der Aufschrift "Groceries". Vor uns nur noch der Grenzposten, geschlossen, gesichert, von Soldaten bewacht. Wir schauen zum Irak rüber, während über uns zwei Apache Kampfhubschrauber entlang der Grenze fliegen. Die Digicam stecke ich lieber weg.



Etwa eine Stunde später sind wir wieder in Kuwait City.

Kuwait ist gerade ein Wow-Erlebnis.

Zwanzig nach vier im Projektbüro, noch zehn Minuten, dann beginnt das Wochenende. Letzte Mails verschicken, sich verabschieden, den Schreibtisch aufräumen.

Umziehen, schnell, den Anzug und das Hemd auf den Bügel packen und am Flipchart aufhängen. Der Rucksack liefert die Jeans und das Freizeithemd. Dafür muss jetzt das Laptop da rein. Passt, irgendwie. Kabel umpacken, Notizbuch einstecken, wieder mal Kontrollgriff zum Pass.

Thomas verzichtet aufs Umziehen, das wird sonst zu knapp.
Vor dem Gebäude wartet Andreas schon. Zusammen mit einem anderen deutschen Consultant. Der arbeitet bei einer anderen Beratung, das Projekt ist dasselbe. Seine Wohnung ist in Dubai. Um da hin zu kommen muss er diese Woche über Kuwait fliegen.

Zu viert im Taxi, Sahib fährt uns. Am Flughafen ist es chaotisch wie immer. Zwei Sicherheitskontrollen und einen Kaffee später beginnt das Boarding.

Ein Araber tauscht seinen Platz in der First Class mit mir, weil er mit seiner Frau zusammen sitzen will. Die First Class der Kuwait Airlines wirkt wie eine Mischung aus Lufthansa Business Class, Fahrstuhl und Siebziger-Jahre-Wohnzimmer. Retro-Science-Fiction. Man serviert grünen Kardamon-Kaffe in kleinsten Tassen aus einer Kupferkanne. Zum Essen gibt es Häppchen und Lachs, den ich nicht mag. Das Süßzeug lasse ich liegen. Wir landen nach nur 45 Minuten in der Luft.
Jetzt erscheint Kuwait zum ersten Mal. Araber, Frauen (als solche erkennbar), Reklametafeln, McDonald's, Nonnen - das ist wirklich unerwartet.
Am Visumschalter muss man eine Nummer ziehen. Einmal an der Reihe, erfährt man, dass das Visum nur bar bezahlt werden kann. Also zum Geldautomaten, der als geringsten Betrag 50 KD auszahlt, das sind ca. 150 EUR. Ich versorge Thomas und Andreas mit KD, damit jeder ein Visum bezahlen kann. Andreas und ich haben keine Probleme, der Beamte vor Thomas will den Betrag (3 KD Visum, 3 KD Service Charge) passend. Diesmal rennt Thomas durch die Halle, zum Bankschalter. Dann gehen wir mit unseren Quittungen zum Ausgabeschalter und erhalten die Pässe samt Visum und Stempel.

Jetzt geht es wieder schnell für uns. Die Passkontrolle am Ausgang winkt uns quasi einfach durch. Schnell zu Europcar. Thomas kriegt die Krise. Keine Reservierung im System, dafür eine deutschsprachige Buchungsbestätigungs-E-Mail. Der reservierte V8 ist nur ein V6, die uns angebotene Karte ist ein Witz. Wir fahren trotzdem los.

Große Autobahn, viel Vegetation.

Jetzt erscheint Kuwait zum zweiten Mal. Die Skyline ist beeindruckend. Wir fahren einfach, ohne den Weg zu kennen. Mit lauter Musik durch die Häuserschluchten. Irgendwann erreichen wir einen Kreisverkehr und biegen in die Arabian Gulf Street ein. Links das Meer, vor uns die Kuwait Towers. Ich glaube zu wissen, wo das Marriott liegen soll. Wir finden eine Möglichkeit zum U-Turn. Schließlich gebe ich auf, ich kann das Marriott nicht finden. In diesem Moment, sehe ich das Marriott zu unserer Linken als Teil der Skyline.

Wir sind am Ziel. Morgen mehr.

Gute Nacht.

Mittwoch, 22. April 2009

Das arabische Wochenende bricht an

Der neue Rucksack ist gepackt, der große Trolley wurde im Hotel gelassen und der Reiseführer hat schon an der richtigen Stelle Eselsohren.

Der neue Rucksack
Um hier am Wochenende einerseits nicht vor Langeweile zu sterben und andererseits ausreichend Zeit zu Erholung und Lebensfreude zu haben, muss man verreisen. Also hängt der Erfolg von der Leichtigkeit des Reisegepäcks ab. Mein großer X2 geht gar nicht. Wenn ich da Mittwochabend Gepäck aufgebe und dann am Zielflughafen auf das Gepäckband warte, dieselbe Prozedur am Freitag anders herum, dann kann ich gleich in der Wüste bleiben. In der Wüste wäre auch die Wahrscheinlichkeit geringer, mein Gepäck zu verlieren.
Beim vergangenen Heimflug nach Frankfurt hat mir Bernd sein Beutestück präsentiert: ein großer Rucksack mit zwei Rollen und Teleskopstange, der vollständig als kleiner Trolley einsetzbar ist. Durchweg guter Eindruck, handgepäcktauglich, aufgesetzte und gut zugängliche Taschen, nach etwas Handeln für 550 SAR in der Granada Mall.
Da war ich gestern dann auch, um mir das Stück noch genauer anzuschauen. Viele, viele Taschen, das Richtige für mich. Warum, weiß ich selbst nicht genau. Etwas angestachelt von Achim, der arabisches Blut zu haben scheint, habe ich den Händler begrüßt, indem ich den Rucksack bewundert habe. Dessen ungeachtet kann ich den ausgewiesenen Preis von 640 SAR nicht akzeptieren. Ob er mir wohl helfen kann? Zu meiner eigenen Überraschung bietet er mir den Rucksack für 525 SAR an. Ich schlage ihm also 500 vor, er will noch 520, aber nachdem ich ein bißchen traurig gucke und mit viel Gestik rede, akzeptiert er die 500 SAR.
Es hat mir wirklich Spaß gemacht, in der Nacht zu packen und umzupacken. Der Rucksack hat halt so viele Taschen.

Der Trolley im Hotel
Da ist man in einem Hotel einer großen internationalen Kette untergebracht, alles ist nagelneu, die Mitarbeiter scheinen einen Eintrag im Guinessbuch der Rekorde für Höflichkeit anzustreben, und dann kommt man nicht klar, wenn ein Gast per Internet bucht, und der Arbeitgeber eine neue Unternehmens-Rate aushandelt. Nachdem man mich endlich wieder im System gefunden hatte und sich auch sicher war, dass ich am Freitag zurück kommen werde, konnte ich dann auch den großen Trolley deponieren. Wird schon klappen. Beim nächsten Check-In muss ich die Ratengeschichte für alle anstehenden Reservierungen richten lassen.

Der Reiseführer
Der Reiseführer "Arabische Halbinsel" aus der Reihe "Richtig Reisen" von Dumont (nein, ich kriege keine Provision) ist ein wahrer Schatz. Es gibt sogar ein eigenes Kapitel zu Saudi-Arabien, obwohl sich die touristischen Highlights in Grenzen halten. Dennoch habe ich da schon einige Dinge über Riad erfahren, die auch die alten Projekthasen, die schon seit einem Jahr hier sind, nicht wussten.
Heute Abend geht es zusammen mit Thomas und Andreas nach Kuwait. Wir werden im JW Marriott absteigen, das direkt an der Arabian Gulf Street liegt. Von dort kann man fast alle Sehenswürdigkeiten der Stadt zu Fuß ansteuern. Wenn man mag. Der Schwerpunkt liegt auf Erholung. Für mich heißt das, dass ich das Fitness-Studio inspiziere, um ein paar Kalorien loszuwerden. (Es gab heute ja wieder Om Ali.) Wir werden uns am Flughafen einen Mietwagen nehmen, so dass wir einigermaßen flexibel sind. Aber um einen richtigen Wüstentripp zu machen, ist ein Wochenende zu knapp. Wer weiß, wann man wieder mal so nah an den Irak herankommt.


Dienstag, 21. April 2009

Bin wieder da

Obwohl ich jetzt die dritte Woche in diesem Land verbringe, fühle ich mich erst seit heute in Saudi-Arabien angekommen. Was ist passiert?

Achim, Andreas und ich sind in die Innenstadt zu ein paar Souqs gefahren. Die beiden hatten tatsächlich Besorgungen zu erledigen, ich wollte einfach nur mal was vom lebendigen Teil der Stadt sehen. Natürlich ging es sehr arabisch los. Wir sind zu spät losgefahren, standen während der prayer Time in der Innenstadt im Stau und haben dann auf einer Kreuzung auf das Ende des Gebets gewartet. Um uns herum viele, viele in Abbaya gekleidete Frauen, die sich auf den Bürgersteigen (ja, hier gab es welche) direkt an den Hauswänden hingesetzt hatten, und Nicht-Muslime: Inder, Pakistanis, Europäer.
 
Mitten drin lungerten wir rum, bis die Geschäfte wieder öffneten. Wir waren am alten Gold-Souq. Weihrauchduft, kleine Geschäfte, überall Gold und Geschmeide, dazwischen wuseln Menschen. Frauen sitzen vor einigen Läden, vor sich eine Auswahl Waren ausgebreitet. Ich habe nicht durchblickt, mit wem die Frauen Geschäfte machen. Nur mit anderen Frauen? Kinder düsen mit Fahrrädern durch die Menge, zwischen Engen Gassen durch, direkt auf die Straße. Es wird nicht nach links und rechts geschaut. Wahrscheinlich wäre es eh egal. Araber handeln miteinander. Frauen laufen von Schmuckgeschäft zu Schmuckgeschäft, die Ehemänner folgen. Dabei hat jedes Geschäft die gleichen Waren.

Es folgt ein Souq für Tücher. Achim und Andreas wollen beide Tuch kaufen. Einer will Pilgertücher, der andere ein Geschenk für seine Frau. Der eine bleibt beim Handeln erfolglos und zahlt den ursprünglichen Preis, der andere erkämpft sich 10 SAR Rabatt. Vor dem Souq, wie aus dem nichts, ist nach der Prayertime ein Nuss-Händler aufgetaucht, der direkt auf der Straße verkauft. Es gibt Pistazien mit Zitronengeschmack.

Zurück ins Taxi, nächste Station ist der neue Gold-Souq. Die Düfte sind hier jünger, moderner, die Geschäfte bieten auch viel Silberschmuck an. Andreas hat sich Manschettenknöpfe anfertigen lassen, die er jetzt abholt. Gar nicht kitschig. Dem Händler gegenüber liegt eine der Schmuckwerkstätten. Die Arbeiter lassen uns reinschauen und zeigen stolz, woran sie gerade arbeiten. Man kann ihnen Bilder von Schmuckstücken mitbringen und sie bauen die Dinge nach mit den Materialien, die der Kunde wünscht.

Raus aus dem Souq auf die Straße. Der neue Jaguar parkt am Straßenrand zwischen schäbigen, schrottreifen Karren. Ich sehe das Fort, den Clocktower, den Platz vor der Moschee, auf dem freitags geköpft wird. Trotzdem herrscht hier Leben. Es wuselt. Man weiß, dass hier keiner versucht, mein Handy zu stehlen. Eine Gruppe Europäer läuft an uns vorbei. Sie unterhalten sich über ihre Nutella-Vorräte. Deutsche. An einer Häuserecke eine Art Fastfood-Döner-Pizza-Lokal. Mit separatem Straßenverkauf für Frauen. Wir wollen eine Art Chicken Wrap, aber wir wissen nicht, wie das Ding auf Arabisch heißt. Die Bedienung hat dafür keine Ahnung, was ein Wrap ist. Es wird mit Händen geredet. Man hält uns alle möglichen Speisen vor, bis der Wrap gefunden ist. Wir verstehen den arabischen Namen nicht richtig. Ein Saudi schreibt ihn uns auf: "Schawram". Man schickt uns zum Warten zu den "other Germans", noch mehr Deutsche. Auch in dieser Gruppe wurde ein Schawram bestellt. Der Kellner ruft ständig: "Hey, big German!" Schließlich reagiert der große Deutsche und holt sein Schawram ab. Zum Essen verlassen wir das Lokal, essen auf der Straße. Fünf Minuten später schlängeln wir uns wieder durch enge, dunkle Gäßchen, zum Taxi.

Endlich, zurück im Hotel. Viele Eindrücke gesammelt, schnell den Rechner auspacken und schreiben. Bevor es wieder weg ist.

Das Internet funktioniert nicht.

Der Blogartikel wird erst am nächsten Tag online gehen, nicht schlimm. Ich kann erst am nächsten Tag versuchen, nach Hause zu skypen und E-Mail zu lesen, schlimm.

Fühlt sich an, als sei man in Saudi-Arabien angekommen.

Montag, 6. April 2009

Evakuierung im Katastrophenfall

Ich bin über die Website der Deutschen Botschaft Riad bei den Hilfsmöglichkeiten der Auslandsvertretungen gelandet. Da wirbt Deutschland damit, dass Sie ihre Staatsbürger bei Unruhen im Ausland evakuieren und das in der Vergangenheit auch schon erfolgreich getan haben. Und dann endet das mit diesem Satz:

"Die Teilnahme an einer Evakuierung ist in der Regel freiwillig und kostenpflichtig."

Kennt jemand einen Evakuierten, der da mal eine Rechnung bekommen hat? Das ist doch kaum zu fassen.

Da findet man aber noch mehr dazu:

"Bei einer eventuellen Evakuierung von Deutschen aus einer gefährlichen oder gar lebensbedrohlichen Situation hat die Rettung der Gefährdeten oberste Priorität. Aufgrund geltender zwingender Rechtsvorschriften müssen die Kosten der Evakuierung später von den Empfängern der Hilfe zurückgefordert werden.

Dem Auswärtigen Amt ist bekannt, dass diese Pflicht zur Erstattung - wie sie übrigens auch von den meisten anderen westlichen Staaten nach Evakuierungen von ihren Bürgern gefordert wird - bei Betroffenen gelegentlich auf Unverständnis stößt. Die weitaus meisten Deutschen, die durch eine Evakuierungsaktion aus dem Ausland zurückgeholt wurden, haben jedoch Verständnis dafür gezeigt, dass die hierfür entstandenen Kosten nicht vom Steuerzahler übernommen werden können."




Sonntag, 5. April 2009

Wenn man in Riad ankommt

Meine Reise startete am 27.03. mit der Swiss Air von Frankfurt über Zürich nach Riad zum King Khalid International Airport.
Scheinbar sind zeitlich nahe beieinander mehrere Maschinen angekommen. Vor dem Zoll-Schalter hatte sich nämlich schon eine erstaunlich große Menschenmenge angesammelt, als ich aus dem Flieger kam. Insgesamt gab es 4 Zoll-Schalter und dementsprechend 4 mehr oder weniger eindeutige Schlangen, in denen man anstand. Der absolut überwiegende Teil der Wartenden bestand aus Indern, Pakistanis und Fillipinos. Nur ca. 10 % der Leute waren westlich und einen offensichtlich japanischen Geschäftsmann konnte ich ausmachen. Zu meinem Entsetzen wurde dann ein Schalter nach dem anderen geschlossen.

Schließlich gab es eine Art Wachwechsel an einem der Schalter, der wieder öffnete, und Zollbeamte fingen an, aus der Masse von Menschen die Weißen raus zu winken. So wurde ich dann überraschend schnell durch den Zoll geschleust. Das war schon ein sehr bizarres Erlebnis. Allerdings sah ich mich auch nicht in der Position gegen diese rassistische Vorgehensweise zu protestieren, schließlich hatten die Gewehre und ich nur Argumente.

Bei all den Geschichten, die ich vor meiner Anreise gehört hatte, war ich beim Zoll auf das Schlimmste eingestellt: Verhörspiele mit gutem Cop und bösem Cop, Auspacken des gesamten Gepäcks und Begutachtung aller Teile, Scannen der Festplatte und mitgebrachter Speichermedien, Überprüfung des iPod auf Musik des Genre "Christian Rock"...

Nix war.

Ein müder Beamter, der mir noch nicht einmal in die Augen geschaut hat, griff gelangweilt nach meinem Pass, runzelte irritiert die Stirn, als er darin meinen ausgefüllten Einreise-Fragebogen fand, haute den Stempel drauf und scheuchte mich regelrecht von dannen.

Erleichtert betrat ich dann die Gepäckhalle. Zumindest eine Halle. 4 Gepäckbänder surrten munter umher, überall lagen große Koffer, Plastiktüten und Matrazen verstreut. Das Glück blieb mir auch hier hold, ich sah auf Anhieb meinen Koffer seine Runden drehen und hievte ihn vom Band.

Mittlerweile hatte ich Patrick getroffen, der zum selben Hotel musste. Mit unserem Gepäck ausgestattet liefen wir zum Ausgang. Patrick meinte, dass jetzt der Kampf gegen die Taxifahrer los ginge. Ich hatte mich innerlich auf Verhältnisse wie an der Strandpromenade von Hurgharda eingestellt. Was dann aber folgte war ziemlich zivil und hielt sich im Rahmen. Mit nur zwei Neins konnte man die Leute loswerden. Am Ende fanden wir einen Fahrer, der unseren Preis akzeptierte und kamen unversehrt am Ziel an.


Samstag, 4. April 2009

Gebetszeiten, da werde ich noch öfter drauf reinfallen

Das arabische Wochenende durfte gemütlich zu Ende gehen. Nachdem ich einen faulen Morgen verbracht und noch einmal die Vorzüge des Intercontinental genossen hatte, ließ ich mich zurück zum Standardhotel fahren. Glücklicherweise nicht, um dort wieder einzuchecken.

Stattdessen habe ich mich mit Björn getroffen, der mir von seiner Erkundungstour zu ein paar Compound erzählt hat. In seinem Favoriten hat er gleich ein paar Bilder gemacht und die Preisliste mitgebracht. Das könnte tatsächlich mal was werden.

Im Anschluss ließen wir uns von einem von Sahibs Fahrern zum nächsten Starbucks bringen. Danach ging es dann zum Vapiano, was es in Riad nicht alles gibt. (Hm, regnerisch, trübe, Vapiano, Starbucks... könnte glatt Saarbrücken sein.)

Björn hatte einfach einen Wahnsinns Appetit auf Pizza. Für mich sollte es ein Salat werden. Jetzt kommen wir zur Gebetszeit...

Als wir ankamen, waren wir (natürlich) die einzigen beiden Single Men, die in die entsprechende Sektion im Erdgeschoss gewiesen wurden. Auf zwei Gäste kamen damit 2 Köcher, 2 Kellner und der "Vorarbeiter". Wir bestellen, erst Björn die Pizza, dann ich den Salat. In Deutschland hätten wir uns jeder ein Tablett genommen, besteck und Servietten drauf gepackt, vielleicht auch noch ein Glas, und dann wären wir zum Tisch gegangen. Nicht hier. Als ich nach dem Tablett greife, springt der Kellner dazwischen, nimmt es selbst, packt es weg. Er geleitet uns zum Tisch und deckt ein wie in einem richtigen Restaurant. Kurze Zeit später kommt auch schon mein Salat. Björn steht auf, weil er noch schnell zur Toilette möchte. Und kaum ist er weg, geht das Licht aus. Es ist echt dunkel, nur in der Küche leuchten noch ein paar Funzeln. Prayer Time. Die Türen werden verschlossen, an den Fenstern werden Rollos runter gelassen, die Crew verschwindet. Björn, der in der Dunkelheit auf der Toilette zurecht kommen musste, wurde dann noch vom letzten hinauseilenden Kellner informiert, dass seine Pizza erst nach der Prayer Time gebacken wird. Also esse ich meinen Salat, und Björn muss mir zusehen. Er kann sich wenigstens mit dem Brotkörbchen behelfen. Tatsächlich habe ich aufgegessen, als die Prayer Time zu Ende ging, so dass ich Björn dann beim Pizza essen zusehen konnte.



Nochmal zum Thema Wetter

Ein Gewitter in der Wüste zu sehen, ist schon ein Schauspiel. Da die Stadt relativ flach und weitläufig ist, sind die beiden Wolkenkratzer automatisch Blitzableiter für das gesamte Areal.

Der Regen macht mehr Probleme als Blitz und Donner. Weil die Straßen vollständig plan gebaut sind und es keine Bordsteinrinnen (meistens auch keine Bordsteine oder Bürgersteige) gibt, kann das Wasser nicht ablaufen. Die Straßen, Kreuzungen und Plätze laufen schnell voll.

In diesem Umfeld durfte ich eine Taxifahrt durch die Stadt genießen. Die Gefahren des Aquaplaning werden hier in der Fahrschule scheinbar nicht vermittelt. Falls es hier eine Fahrschule gibt.

Ich muss das nächste Mal unbedingt eine Kamera mitnehmen, um ein paar Fotos zu machen.

Freitag, 3. April 2009

Wetter-Update

Jetzt ist es ein Gewitter.

Wetter gibt's hier auch

Ich bin jetzt seit sieben Tagen in Saudi-Arabien und erlebe heute schon den dritten Tag, an dem es regnet. Wenn ich das nächste Mal in die Wüste fahre, sollte ich einen Schirm mitbringen.

Donnerstag, 2. April 2009

Das Kingdom Center

Heute Mittag sind Steven und ich zum Kingdom Center gefahren. Der zugehörige Kingdom Tower ist einer der beiden Wolkenkratzer in Riad.



Riad, gefunden bei Flickr

Auf dem Bild oben ist das der rechte Turm.

Am Fuße des Turms gibt es eine Shopping Mall, das Kingdom Center. Im Gegensatz zur Mall am anderen Turm, dem Al-Faisalia Tower, gibt es hier keinen Family Day, d.h. wir durften als Single Men auch rein. (Gestern waren wir bei Al-Faisalia und mussten draußen bleiben.)

In der Mall gibt es alle erdenklichen Edelmarken. Aber wer hat das Geld, dieses Zeug zu kaufen? Für ich gab es jedenfalls den ersten vernünftigen Kaffe seit einer Woche, Starbucks sei Dank. Die Kaffeepause wurde passenderweise von einer Gebetszeit begleitet. Deshalb hat man uns die Kaffees auch "zum Mitnehmen" serviert, obwohl wir vor Ort trinken wollten. So konnten sie uns mit unseren halb getrunkenen Kaffees vor die Tür setzen und den Laden für die Gebetszeit verammeln. Es gab direkt vor Starbucks ein paar Tische und Stühle, an denen wir uns niedergelassen haben. Hier hat sich nach und nach eine ganze Gruppe von Expatriates angesammelt.




Kingdom Tower, gefunden auf Flickr

Wenn man schon in so einem imposanten Gebäude ist, will man auch nach ganz oben. Denn dort wartet die Skybridge.



Skybridge, gefunden auf Flickr

Die Skybrigde verbindet die beiden Spitzen des Towers auf Höhe der 99. Etage. Ich habe nicht nachgezählt, ob es wirklich 99 Etagen sind. Aber wenn man dort hochfährt, stoppt der Aufzug auf Etage 77 laut Anzeige. Dann wechselt man in einen anderen Aufzug, der dann mit der Anzeige 99 ganz oben hält.

Raus aus dem Fahrzug, auf die Skybridge, und das sieht sehr ungewöhnlich aus:



Skybridge, gefunden auf Flickr

Als wir da waren, herrschte schon Dunkelheit. Zu beiden Seiten der Bridge konnte man kilometerweit sehen. Dabei fielen direkt ein paar Besonderheiten auf:

  • Die Stadt sieht aus wie ein Schachbrett. Die Straßen sind akkurat parallel oder orthogonal zueinander.
  • Es gibt keine Fußgänger, sondern eine Armee von Autos. Die Frontscheinwerfer der Autos auf den großen Straßen unter uns (King Fahd Rd. und Olaya St., glaube ich) haben eine gigantische nicht endende Lichterkette von Horizont zu Horizont gebildet.
  • Man entdeckt von diesem Punkt in der Stadt nichts von Interesse. Erschreckend.

Ich muss wieder kommen, wenn ich eine eigene Kamera dabei habe, um ein paar Bilder zu machen.