Montag, 19. Oktober 2009

Zeichen der Zeit: Scheidungsgründe in Saudi-Arabien

Die Süddeutsche Zeitung berichtet einen kuriosen Fall aus Jedda. Demnach hat eine saudische Frau die Scheidung eingereicht, nachdem sie herausgefunden hatte, unter welchem Namen sie im Handy des Ehemanns gespeichert war. Lesen! ;-)

Donnerstag, 1. Oktober 2009

Das Amt, das Visum und ein wenig Wetter

Jeder Morgen in Alexandria hat ein wenig Magie inne. Der Ausblick auf das Mittelmeer ist immer wieder großartig. Heute war dieses Motiv erstmals in eine neue Kulisse gehüllt: der Himmel war wolkenverhangen und im Laufe des Vormittags fielen vereinzelte Regentropfen auf die Erde hinab.

Diese Woche habe ich mein verlängertes Touristenvisum inkl. mehrfacher Ein- und Ausreise in Angriff genommen. Andrea hat ihr entsprechendes Erlebnis bereits eindrucksvoll in einem Blogeintrag geschildert. Auch ich sollte meinen Spaß haben.

Mohammed begleitete Andrea und mich zum department of immigration. Schnell meine Ausrüstung geprüft: 2 Passbilder, mein Pass, 2 Fotokopien des Pass und ausreichend Bargeld. Das Abenteuer begann an Schalter 1. Dort erhielt Mohammed im Austausch gegen Bargeld ein Antragsformular für die Aufenthaltsgenehmigung. Andrea nahm das Formular direkt an sich und füllte alles schon mal so weit aus, dass ich nur noch unterschreiben musste. Dann kam Schalter 5, an dem eine füllige Ägypterin höheren Semesters saß, deren Gesichtsausdruck keinerlei Freude versprühen wollte. Mohammed reichte ihr meinen Pass und das ausgefüllte Antragsformular. Um eins sei das Ding dann fertig, sagte sie. Meine Uhr zeigte zu dem Zeitpunkt 11 Uhr an. Wir spulen vor... auf halb eins. Da ruft die Dame aufgeregt "German" durch die kleine Öffnunf der Glasscheibe, die ihre Amts-Welt von unser aller echten Welt trennt. Mein Pass war jetzt doch fertig. Tatsächlich fand sich ein Stempel mit diversen Kritzeleien darin.

Zurück zu Schalter eins. Diesmal tauschte Mohammed Bargeld gegen ein Atragsformular für ein Touristenvisum. Es lief ähnlich wie zuvor: Ausfüllen, Fotokopie des Pass dazu, Passbild und den Originalpass und dann zu Schalter 2.

An Schalter 2 saß eine alte Hexe.

Die Hexe fing auch gleich an, Mohammed anzukeifen. Ich verstand natürlich das Arabische nicht, Mohammed sprach kein Englisch, aber das war auch alles nicht nötig. Ich verstand trotzdem, was Sache war: Ein unbedeutender Mensch mit unbedeutender Aufgabe übt seine ihm willkürlich übertragene Macht gegenüber ehrlichen, rechtschaffenen Mitmenschen aus um deren Leben unangenehmer zu gestalten. Ob die Parallelen zur Lufthansa zufällig sind?

Die Hexe begnügte sich nicht mit der Fotokopie meines Passes, sondern forderte eine neue an. Das bedeutet, sie schickte Mohammed zum Amtskopierer, um eine neue Kopie zu machen. Danach schickte sie ihn wieder zum Kopierer, um mein Touristenvisum der aktuellen Einreise zu kopieren. Und dann schickte sie noch ein drittes Mal zum Kopierer, um die Seite mit meiner Aufenthaltsgenehmigung zu kopieren. Schließlich fand sie keine weiteren Gründe, die Annahme des Antrags abzulehnen. Dadurch haben wir sie wohl sehr geärgert. Diese Gemeinheit wollte sie uns natürlich heimzahlen und verkündete, dass der Pass dann am Sonntag fertig sei.

Ich muss aber am Freitag wieder nach Saudi-Arabien, und zwar mit genau diesem Pass.

Es folgte eine lange Diskussion über diverse Tonlagen und unter Einbeziehung zahlreicher Gesten zwischen Mohammed und der Hexe. Irgendwann loderten auch Diskussionsnebenfeuer hinter der Glaswand in der Amtswelt. Dann stand plötzlich ein erschöpft wirkender Mohammed vor mir, der mir mit letzter Kraft ein "tomorrow" zuflüsterte. Mein Pass soll am nächsten Tag fertig sein.

Erleichtert verließen wir das Amt. Von hier an sollte alles ganz einfach werden, meinte Andrea. Am nächsten Tag würde man Mohammed oder einen anderen Fahrer zum Amt schicken, der würde meinen Pass aufsammeln und am Abend hielte ich ihn wieder in Händen.

Wir spulen vor...

Am nächsten Tag gegen 12 Uhr rief mich Andrea an. Es wurde niemand zum Amt geschickt, ich müsss meinen Pass selbst abholen. Das Amt schließt um eins.

Ras auf die Straße, Corniche mit Hilfe eines Polizisten überquert, Taxi rausgewunken und zum Sofitel gefahren. Von dort durch die Gasse auf die Einkaufsstraße, dort nach rechts in Richtung des Falaky-Centers. Dahinter in eine Nebenstraße und schließlich nach links. Immerhin hatte ich das Amt wieder gefunden.

Meinen Pass habe ich am Vortag an Schalter 2 abgegeben, also bin ich wieder zu Schalter 2 um ihn abzuholen. Das war sehr dumm von mir, obwohl statt der alten Hexe eine junge Ägypterin Dienst hatte. Vor mir war eine junge Frau in der Schlange, die - selbst Ausländerin in Ägypten, aber immerhin Arabisch sprechend - einen Pass für ihre kleine Tochter beantragen wollte. Erstmal wurde daraufhin das Passbild des Mädchens von der gesamten Amtsmannschaft bewundert und gelobt. Leider tauchten danach die ersten Probleme auf. Die Lage eskalierte am Ende so weit, dass sich ein uniformierter älterer Herr aus der glasgeschützten Amtswelt begab um die sichtlich aufgelöste Bittstellerin zu beruhigen. Man fand dann wohl auch eine Lösung und ging tränenreich aber erleichtert auseinander. Dann war ich an der Reihe. in langsamen deutlichen Englisch sagte ich, dass ich meinen Pass abholen wollte, für den ich ein Multi-Entry Visum beantragt habe. Kein Problem, lautete die Antwort, ich sollte nur meinen Pass vorzeigen. Das ginge nicht, sagte ich, weil der Pass schon dem Amt vorläge.

Schweigen. Und Stirnrunzeln.

Ich atmete tief ein und wieder aus. Dann sprach ich in aller Eloquenz, die mir auf Arabisch möglich war: "La ana passport. Anta passporti." Das heißt: "Nein ich Pass. Du Pass mein."

Ich wurde verstanden und an Schalter fünf verwiesen. Da saß leider niemand.

Von hinten sprach mich dann eine weibliche Stimme an: "Are you German?" Nachdem ich die Frage bejaht hatte, habe ich dann Jessi, Kanadierin, und Emily, Amerikanerin, kennengelernt, die allein in meinen drei auf Englisch gesprochenen Sätzen genug Akzent gehört hatten, um mich als Deutschen zu enttarnen. Auch bei ihnen ging nichts voran, also nutze ich die Gelegenheit etwas mehr Expat-Wissen über Alexandria zu gewinnen. Mittlerweile war es dann bereits nach 1 Uhr, aber zu unser aller Erleichterung war das Amt scheinbar noch am Arbeiten. Irgendwann tauchte dann auch wirklich noch ein Sachbearbeiter an Schalter 5 auf. Ich sagte ihm, dass ich meinen Pass abholen möchte. Daraufhin nickte er freundlich lächelnd und schlenderte auf die gegenüberliegende Seite des Amts. Dort lag auf einem großen Schreibtisch als einziger Gegenstand weit und breit mein purpurner Pass.

Der hat seitdem einen weiteren Stempel, auf dem irgendwas von Ägypten und "multiple" steht. Das sollte reichen.