Nach einem 12-Stunden-Tag wird man dünnhäutig.
Vielleicht war ich heute ja auch nur schlecht drauf, keine Ahnung. Jedenfalls bin ich nach einem langen Tag endlich aus dem Projektbüro raus gekommen. Mein Ziel war es, so schnell als möglich in's Carrefour zu kommen. Aus irgendeinem Grund hatte ich nämlich Appetit auf Brot, genauer Baguette (noch genauer Flûte, aber damit darf ich außerhalb des Saarlandes nicht rechnen; obwohl ich sogar bei Wikipedia was zu Flûte gefunden habe: Gleiches Gewicht, halbe Länge aber doppelte Dicke der Baguette).
Als ich nach langer Suche die zum Baguette passende Geflügelsalami bei den importierten Feinkostwaren gefunden hatte, wurde das Licht dunkler. Also ab mit entschlossenem Schritt Richtung Kasse. In den Augen der Saudis, die ich hinter mir ließ, war der Zorn darüber zu erkennen, dass ich vor ihnen an der Kasse sein würde. Und doch war da auch diese verwunderte Resignation als Ausdruck ihrer heimlichen Bewunderung dafür, dass sich ein Mensch so schnell bewegen kann. Gespiegelt wird dieser Saudi-Blick in meiner verwunderten Resignation als Ausdruck meiner offensichtlichen Verachtung dafür, dass sich ein Mensch so langsam bewegen kann.
Ich glaube, dass die Saudis Newtons Axiomen widersprechen. Allein durch die Erdbeschleunigung und actio = reactio müssten sie sich schneller bewegen als sie tun. Das heißt, dass die Saudis aktiv die Erde verlangsamen. Macht auch irgendwie Sinn: Wenn sie die Rotation der Erde abstellen bevor ihnen das Öl ausgeht, dann können wir uns nicht mit Gezeitenkraftwerken aus dem Würgegriff des Öls befreien.
Ich schweife ab. Also, ich bin auf dem Weg zur Kasse und dann fangen irgendwelche Carrefour-Aufseher an, die Kassen abzusperren. Ich will aber nicht hier drin gefangen bleiben für eine halbe Stunde. Ich will raus. Ich will ins Hotel und in Ruhe mein Baguette essen. Ich hüpfe von Kasse zu Kasse bis ich an der letzten ankomme. Abgesperrt.
Ich öffne die Kette einfach, trete durch und gehe auf den Kassierer zu. Er kassiert gerade den letzten Kunden ab. Das wäre dann der vor mir. Dann schaut er mich an und macht eine abwinkende Geste. Ich halte meinen Einkaufskorb über sein Band, drehe ihn um und schütte alle Waren einfach vor ihn. Jetzt guckt er schon ganz böse und will was sagen. Diese Energie sollte er doch lieber auf seine Arbeit und nicht auf Small-Talk verwenden. Also spreche ich, bevor er was sagen kann. Ich sage ihm, dass er mich jetzt entweder abfertigt oder dass ich alles liegen lasse und veschwinde so lange ich noch aus dem Laden komme.
Er scannt ein, ich zahle und dann verkrieche ich mich durch den immer enger werdenden Schlitz des großen Rolltores hinter der Kasse. Ich höre noch das Klonk, als sich das Tor schließt. Ich bin draußen, meine Einkaufstüten in den Händen. Sollen sie doch beten, ich habe mein Baguette.
Gute Nachrichten! Die "Junge Alternative" löst sich ...
vor 11 Stunden
Die das Leben verachtenden Aversionen saudischer Terroristen gegen westliche white-collars waren mir *bislang* immer ein Raetsel... ;-)
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